In letzter Zeit habe ich mich u.a. auch viel mit dem Thema „Raum geben“ auseinandergesetzt. Durch eine blöde Geschichte, die passiert ist, wurde mir das Thema immer wieder vor Augen geführt, sodass ich mich tiefer damit beschäftigt habe. Mir war nicht bewusst, wie wichtig es im Zusammenhang mit Selbstliebe und Selbstwert ist.
Jeder kennt das sicherlich, auch mir ist es schon ein paar Mal passiert: Es gibt Menschen, die man mag, die man gerne in seiner Nähe hätte, doch sie distanzieren sich. Sei es durch Körpersprache, durch kleine Gesten oder indem sie sich einfach klar zurückziehen. Dabei geht es nicht nur um körperliche Nähe oder Distanz, ich ich meine hier die emotionale Nähe und Distanz.
Ich selbst erwische mich manchmal dabei, in Momenten zu verharren, in denen mir jemand Nähe schenkt. Leider war das auch kürzlich wieder der Fall. Ich habe mich gefragt: Warum tue ich das überhaupt? Was passiert da eigentlich? Und was passiert, wenn sich jemand nicht so richtig „einfangen“ lässt?
Ich habe für mich erkannt, dass es oft eine Mischung aus Sehnsucht, Hoffnung und Angst ist. Gefühle, die noch nicht verarbeitet wurden. Wir projizieren unseren eigenen Mangel, unseren emotionalen Ballast, auf unser Gegenüber, und dort gehört er einfach nicht hin. Natürlich spürt die andere Person das und fühlt sich überladen. Und ganz ehrlich, würde mir jemand auf diese Weise begegnen, würde ich mich wahrscheinlich auch zurückziehen.
Deshalb ist es so wichtig, jemandem den Raum zu lassen, den er oder sie braucht, den Raum, um sich selbst zu finden, sich zu reflektieren, Luft zu bekommen. Raum, um überhaupt zu entscheiden, ob er oder sie bereit ist, diesen Raum mit mir zu teilen.
Es gibt Momente, in denen ich unbedingt eine Reaktion oder Bestätigung möchte. Momente, in denen ich eine Klärung oder Entscheidung erwarte. Situationen, in denen sich etwas ganz schnell entwickeln soll. Situationen, in denen ich unbedingt präsent sein muss, um die Kontrolle zu behalten. Doch genau in diesen Momenten übersehe ich oft, dass die andere Person gerade Zeit für sich braucht, sich selbst über vieles noch nicht klar ist oder dass ich (unbewusst) Druck aufbaue, obwohl mein Gegenüber vielleicht noch gar nicht bereit ist.
Wir nehmen Raum nicht aus böser Absicht, es geschieht aus unseren eigenen Unsicherheiten heraus. Denn hinschauen tut weh. Aber diesen Schmerz kennen wir ja ohnehin, also einfach weitermachen? Ich jedoch möchte diesen Schmerz so wenig wie möglich erleben. Deshalb war es mir nach dieser Situation, die ich nach wie vor unfassbar bedauere, so wichtig, mich mit all diesen Themen auseinanderzusetzen. Und warum nicht teilen, wenn auch andere davon profitieren könnten? Aber ich schweife ab.
Raum zu geben bedeutet, aktiv loszulassen, auch wenn es schwerfällt. Es bedeutet, sich selbst nicht ständig in den Vordergrund zu stellen, nur um unangenehme Gefühle zu vermeiden, die einen Schritt zurück hochkommen könnten. Es bedeutet, sich mit Sehnsucht, Angst und Hoffnung auseinanderzusetzen. Es bedeutet, geduldig zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass sich alles zur richtigen Zeit entwickeln wird, oder eben nicht. Es bedeutet, bei sich selbst zu bleiben, die eigene Kraft und Liebe wieder in sich zu investieren. Sich selbst wichtig zu sein, anstatt das Gegenüber mit Erwartungen zu überfluten, bis es sich eingeengt fühlt und geht.
Ich wünschte oft, ich hätte das früher gewusst und gespürt. Aber ich bin daran gewachsen. In meiner letzten Beziehung bekam ich keinen Raum, und kurz darauf nahm ich Raum und machte damit etwas anderes vielleicht neues kaputt. Erst heute verstehe ich, warum das alles so passieren musste.
Ich habe mir fest vorgenommen, weiterhin bei mir zu bleiben, in der Ruhe, in der Stille, in meinem eigenen Raum. Auch wenn das manchmal Mut und Kraft kostet. Aber sollte irgendwann eine Einladung in den Raum eines Menschen kommen, den ich wirklich mag, weil er es möchte und nicht, weil ich ihn dazu dränge, dann weiß ich: Jetzt bin ich willkommen. Denn es ist eine Entscheidung, die aus ihm heraus kommt.
Das bedeutet auch:
Schreibt er nicht? Dann will er nicht.
Reagiert er nicht? Dann will er nicht.
Ständige Präsenz macht es nicht besser.
Kommt keine Klärung? Dann ist es seine Entscheidung.
Also, zieh weiter, bleib bei dir und hol dir deine Energie wieder zurück. Der oder die Richtige wird schon irgendwann kommen und dich in seinen Raum einladen. Da bin ich mir sicher.
Und irgendwie dreht es sich wieder um Selbstliebe, darum, bei sich zu sein, für sich zu sorgen. Schon wieder.
In diesem Sinne,
Eure Nadine